Mangel zwingt zum Handeln

Dekan Heidenreich informierte die Mitglieder des Dekanats Cham über die künftigen Großpfarreiengemeinschaften
Dekan Heidenreich informierte die Mitglieder des Dekanats Cham über die künftigen Großpfarreiengemeinschaften

Weniger Priester, weniger Gläubige, weniger Geld:

Das Dekanat Cham bekommt neue Großstrukturen

Diese Sitzung am Freitag lief harmonischer ab als die erste vor einem Jahr zur Neuordnung der Pfarrreienlandschaft im Landkreis Cham. Mittlerweile scheinen sich also viele bewusst zu sein, dass gehandelt werden muss und es keine Patentlösung gibt. 

Dekan Ralf Heidenreich hatte zu der Dekanatsversammlung ins Hotel am Regenbogen eingeladen.

Zusammenschluss:

Die wohl größte Pfarreiengemeinschaft im Dekanat Cham werde künftig die um St. Jakob und St. Josef herum sein. Dazu sollen in Zukunft Grafenkirchen, Pemfling, Waffenbrunn, Windischbergerdorf, Untertraubenbach, Chammünster, Wilting und Sattelpeilnstein gehören


Pfarrgemeinderats- und Kirchenverwaltungsmitglieder aus dem Dekanat und ihre Pfarrer waren gekommen, um sich ein Bild von der zur Zeit bestehenden Zusammenlegung der Pfarreien zu machen. Dabei wurde betont, dass die jetzt gegründeten Pfarreiengemeinschaften nicht in Stein gemeißelt seien. Dekan wie die Geistlichen waren sich sicher, dass sich daran sicherlich noch einiges ändern werde. Ein Bild des Dekanats Cham in seinen Aufteilungen zeigte der Dekan auf der großen Leinwand.

 

Zu wenig Priester

„Vor 200 Jahren sah die Kirche noch ganz anders aus“, so Dekan Ralf Heidenreich. Es sei immer aufwärtsgegangen. Die Menschen hätten sich während des Kriegs und in der Not zusammengetan und den Glauben gelebt und sich daran festgehalten. Die Zeiten haben sich enorm geändert. Viele junge Menschen heute wollten wenig mit der Kirche zu tun haben, andere Menschen seien der Meinung, dass sie alles hätten, was sie zum Leben und Überleben bräuchten – die Kirche habe da keinen Platz mehr.

Der Zulauf in die Kirchen nehme immer mehr ab. Auch sei es selbstverständlich geworden, dass der Pfarrer in den Pfarreien bei allen kirchlichen Aktionen mit dabei sei. Das könne bei dem Priestermangel nicht mehr alles geleistet werden, so der Dekan: „Wir sind in einer Kirche groß geworden, die noch aus dem Vollen schöpfen konnte.“ Diese Kirche habe die Menschen geprägt. Die Kirche sei fast wie ein Supermarkt gewesen, wo jeder in den Regalen etwas für sich fand.

In allen Pfarreien waren Geistliche, die, so oft es ging, Gottesdienste gehalten hätten. Es gab viele Mitarbeiter, die sich dort eingebrachten. Es war eine blühende Zeit in den Pfarreien. Doch es habe sich einiges grundlegend geändert. Auch die Menschen würden immer weniger, die sich engagierten. Dies merke man auch in den Vereinen und Verbänden. „Und wenn ein Verwalter merkt, dass das Geld in nächster Zeit weniger werde, muss er handeln.“ Es sei an der Zeit, dass man neue Wege beschreiten müsse. So habe das Bistum beschlossen, dass größere kirchliche Gemeinschaften entstehen müssten.

Die wohl größte Pfarreiengemeinschaft im Dekanat Cham werde künftig die um St. Jakob und St. Josef herum sein. Dazu sollen in Zukunft Grafenkirchen, Pemfling, Waffenbrunn, Windischbergerdorf, Untertraubenbach, Chammünster, Wilting und Sattelpeilnstein gehören. Das seien an die 20000 Gläubige, die dann unter dem Hut eines neuen Pfarreiennamens stehen würden. Bis zum Jahr 2034 sollte dies unter Dach und Fach sein.

Eigentlich sei das noch eine lange Zeit bis dahin. Zudem sei es ein dynamischer Prozess, mit dem sich jede Pfarrei auseinandersetzen sollte. Sterbe ein Pfarrer oder gehe einer in den Ruhestand, werde dieser nicht mehr ersetzt. Diese Pfarrei werde dann von den restlichen Pfarreien der neues Gemeinschaft mitversorgt.

Pfarrer Albert Hölzl etwa kann davon bereits ein Lied singen. Der Tiefenbacher Seelsorger wird ab September auch für Waldmünchen und Geigant zuständig sein. Den Katholiken von Tiefenbach über Waldmünchen, Herzogau und Ast bis Geigant stand und steht ein gewaltiger Einschnitt bevor: Sie alle werden Teile einer Großpfarreiengemeinschaft, für die Pfarrer Albert Hölzl die Verantwortung trägt. Pfarrer Hölzl hat dazu bereits die ersten Schritte getan. „Und es sieht gar nicht so schlecht aus“, wie er erzählt. Die ersten Hürden seien überwunden. Pfarrgemeinde- und Kirchenverwaltungen aus den verschiedenen Pfarreien hätten sich bereits zu Gesprächen getroffen. „Es wird funktionieren und es wird natürlich auch Diskussionen geben, aber es muss irgendwie gehen“, resümierte Pfarrer Hölzl. „Wir alle sitzen in einem Boot und wir müssen schauen, wo das Leck darin ist, und es flicken.“

 

Appell zum Mitmachen

Es werde keine leichte Zeit werden. Die Menschen in den Pfarreien würden einiges Liebgewonnene aufgeben müssen, dafür auch Neues hinzubekommen. Alle seien dazu aufgerufen, die Kirche lebendig zu halten. Alle seien dazu aufgerufen, nicht mit grimmiger Miene dies anzunehmen, sondern mit einem Lächeln sich auf einen neuen pfarreilichen, kirchlichen Weg zu begeben.

„Früher war es so, dass man nicht in die sonntägliche Messe gehen musste. Die Sonntagspflicht kam erst viel später, aufgrund der Möglichkeiten, die gegeben waren.“ Und obwohl man heutzutage jederzeit ins Auto springen und nur ein paar Meter in die nächste Kirche fahren könne, würden es viele Leute nicht tun. Die Meinung vieler sei:„ Wenn bei uns in der Pfarrei keine Messe gehalten wird, dann gehen wir nicht.“

Bei all der Diskussion um die Zusammenlegung der Pfarreien und die damit verbundenen Einschränkungen sollte man sich an früher erinnern, wie es da war. Die Leute seien heutzutage etwas bequemer geworden, so der Dekan. Es habe zu allen Zeiten Veränderungen gegeben: „Wenn wir jetzt den Kopf in den Sand stecken, dann überrennt uns die Zeit.“ Man werde in den Pfarreien von vielen Dingen Abschied nehmen müssen, da es nicht mehr leistbar sei. Das Geld und das Personal fehle dann – es werde ein „rauer Wind wehen“ in den Pfarreien.

Geistliche und Gremiumsmitglieder fühlten sich den Aussagen nach vom Bistum etwas allein gelassen. „Wie wird das personell weitergehen?“, fragte Pater Bartsch. Genau wisse das keiner, so der Dekan. Priester aus der Weltkirche könnten Unterstützung geben, Mitglieder in den Pfarreien seien mehr gefordert, die Werbung für Priesterberufe müsse intensiver, die Ausbildung von Ehrenamtlichen gefördert werden und Ruhestandspriester müssten nicht mehr unbedingt die Pfarreiengemeinschaft verlassen. Die Zahl der Schäfchen, über die ein Pfarrer seine Hand halte, werde nun größer. Es werde nicht mehr bei jeder Andacht, Rosenkranz, Maiandacht oder Segnung ein Pfarrer sein können, Gottesdienste würden eingeschränkt. Die Gläubigen werden sich wieder „auf den Weg machen müssen.“

Als Hausaufgabe sollen die einzelnen Pfarreien einen neuen Namen für ihre neue Pfarreiengemeinschaft finden. Dieser wird dies ans Bistum weiterleiten.

Die Entscheidung dazu ist auf Ende des Jahres 2024 vertagt worden. „Es wird kein Spaziergang werden, doch mit Gottes Hilfe wird es gehen“, so der Dekan. Eine Bitte äußerste er noch:„ Stellt beizeiten die Weichen, dass nicht der Pfarrer, der dann allein verantwortlich für die Pfarrei ist, vor einer großen Mauer steht.“

Bayerwald-Echo, 29.04.2024

Foto: Claudia Peinelt